Fertigteilbauweise (Widerlager): Unterschied zwischen den Versionen

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===== Beschreibung =====
 
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Es ist zwischen zwei verschiedenen Varianten von Widerlagern aus bewehrten Erdkörpern hinsichtlich der verwendeten Bewehrung zu unterscheiden. Eine Ausführung mit Geokunststoffgittern (Kunststoffbewehrte Erde, KBE) wird mit dem Beispiel der „[[HEITKAMP Schnellbaubrücke®]]“ vorgestellt. Die Brückenwiderlager „[[Stahlbewehrte Erde - Brückenwiderlager|Stahlbewehrte Erde]]“ werden hingegen mit verzinkten Stahlbändern bewehrt.
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Die Firma Echterhoff hat angesichts des enormen Erhaltungsbedarfs im Brückenbereich eine Konstruktion konzipiert, die in Verbindung mit einem zugehörigen Herstellungsverfahren unter Verwendung von Stahlbeton-Fertigteilen zu deutlichen Bauzeitverkürzungen und damit einhergehend einer Minimierung von Verkehrsbeeinträchtigungen führt. Die unter dem Namen „Expressbrücke Echterhoff“ bekannte Systembauweise hat sich das Bauunternehmen dazu patentieren lassen.
  
Beiden Varianten gemein ist der Ersatz einer massiven Betonkonstruktion in den Widerlagern durch einen geschichteten Erdkörper, der lediglich mit der jeweiligen Bewehrung durchzogen ist. Diese ist dazu da, die Horizontalkräfte über Reibung bzw. Verzahnung aufzunehmen. Die Geogitter (KBE) werden linear, die Stahlbänder (Stahlbewehrte Erde) punktuell an die sogenannten Facing-Elemente angeschlossen, die den äußeren Abschluss der Konstruktion bilden. Diese dienen dem Schutz vor mechanischen oder Umwelteinflüssen und können auf verschiedene Weise ausgeführt werden. Möglich sind beispielsweise Beton-Fertigteile oder Gabionen. Die so entstehenden Widerlager können sehr zügig und ohne Beeinträchtigung des Verkehrs auf der zu überführenden Straße mit einem geringen Einsatz von Baumaschinen erstellt werden.<ref name=":0">Balder, T., Girmscheid, M., Lehmann, F., & Hangen, H. (2021). Die HEITKAMP Schnellbaubrücke®: KBE für innovative Brückenwiderlager im Pilotprojekt der Bundesautobahn A 3 Stokkumer Straße. Beton‐und Stahlbetonbau, 116, 66-72.</ref>
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Die Funktionsweise basiert auf einem modularen System, in dem die Widerlager vor Ort auf der Baustelle lediglich aus im Fertigteilwerk qualitativ hochwertig angefertigten Betonbauteilen zusammengesetzt und für eine monolithische Verbundwirkung mit Ortbeton ergänzt werden. Das kastenartige Widerlager setzt sich aus drei Bauteilen zusammen. Für eine gleichmäßige Lasteintragung in den Untergrund bildet eine Sohlplatte aus Ortbeton die Basis. Die zum Abtrag der Lasten aus dem Überbau erforderliche Widerlagerwand wird zwischen als verlorene Schalung dienende Fertigteilelemente vor Ort bewehrt und betoniert. Seitlich daran anschließend befinden sich Flügelwände, die ebenfalls aus Betonfertigteilen bestehen und durch Anschlussbewehrung mit dem Ortbetonkern der Widerlagerwand und der Sohlplatte verbunden werden. Die einzelnen Flügelwandelemente werden dabei durch mit Ortbeton gefüllte Aussparungen, sogenannte Plomben, untereinander angeschlossen. Im Zuge des hohen Vorfertigungsgrades können bis zu 80 % der anfallenden Betonarbeiten, insbesondere aufwendige Schalungsarbeiten, von der Baustelle verlagert und bereits im Vorhinein erledigt werden. Die reine Montagedauer am Brückenbauwerk nimmt dadurch erheblich ab und eine Verkehrssperrung ist nicht nötig. Das System lässt sich sowohl mit Flach- als auch mit Tiefgründung kombinieren und ist an unterschiedlichste geometrische Randbedingungen flexibel anpassbar.
  
Die Lasten aus dem Brückenüberbau werden über einen Stahlbeton-Auflagerbalken in den Erdkörper abgeleitet. Dieser kann konstruktionsbedingt nicht direkt an der Vorderkante platziert werden und muss daher nach hinten versetzt werden. Aus diesem Grund geht mit dieser Bauweise eine größere Spannweite und ein erhöhter Platzbedarf einher.
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Ein weiterer Bestandteil der Expressbrücke Echterhoff ist der modulare Brückenüberbau. Dieser besteht zumeist aus Stahlbetonträgern als Halbfertigteile mit anschließender Bewehrungs- und Ortbetonergänzung, oder kann bei Bedarf auch vollständig in Nebenlage hergestellt werden, sodass eine Streckensperrung lediglich für das Einfahren in die Endlage und das Absetzen auf den Auflagerungspunkten am Kopf der Widerlagerwände notwendig ist [Reddemann, 2021].
 
 
Bei der Bauweise der Widerlager-Konstruktionen aus bewehrten Erdkörpern ist die Setzung stets zu beobachten.<ref>Görtz, S., & Pham, T. K. D. (2024). CO2‐Berechnungen von Brücken mit Bauwerkslängen bis 40 m. Bautechnik.</ref> Für die Herstellung ist in Deutschland derzeit noch eine Zustimmung im Einzelfall (ZiE) erforderlich.<ref name=":0" />
 
  
 
===== Ressourceneinsparpotenziale =====
 
===== Ressourceneinsparpotenziale =====
Die Schnellbauweise hat einen geringen Eingriff in den Verkehr zur Folge, womit unmittelbar eine Einsparung von CO<sub>2</sub>-Emissionen einhergeht. Außerdem kann auf einen erheblichen Anteil an Stahlbeton verzichtet werden und die Bauweise erfordert einen verminderten Einsatz von Baumaschinen. Dies führt ebenfalls zu CO<sub>2</sub>-, Rohstoff und Energieeinsparungen. Die vollständige Rückbaubarkeit und Wiederverwendbarkeit der Materialien ist ein weiterer Vorteil.<ref name=":0" />
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Die Schnellbauweise hat einen geringen Eingriff in den Verkehr zur Folge, womit unmittelbar eine Einsparung von CO2-Emissionen einhergeht. Durch die Vorfertigung im Fertigteilwerk haben die Betonbauteile eine hohe Qualität, sodass die Dauerhaftigkeit ebenfalls zunimmt.
  
 
===== Anwendbarkeitskriterien =====
 
===== Anwendbarkeitskriterien =====
Durch den Schnellbaucharakter lohnt sich diese Bauweise vor allem für Ersatzneubauten von Brücken über viel befahrene Straßen im kommunalen Netz. Die Anwendung ist auf balken- und plattenartige Brücken beschränkt, da Widerlager und Überbau voneinander getrennt sind. Seitlich des zu überführenden Hindernisses muss genügend Platz vorhanden sein. Der anstehende Boden muss ggf. durch ein Bindemittel stabilisiert werden. Grundwasser sollte unterhalb der bewehrten Erdkörper anstehen.
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Durch den Schnellbaucharakter und die massive Ausführung der Widerlager lohnt sich diese Bauweise vor allem für Ersatzneubauten von Straßenbrücken über viel befahrene Straßen im kommunalen Netz. Die Ausführung ist sowohl für Einfeldträger als auch für Rahmenbauwerke mit einer Schiefwinkligkeit von 50 bis 150 gon möglich. Typische Spannweiten kommunaler Brücken von bis zu 38 m sind mit dem System möglich [Reddemann, 2021].
  
 
===== Literaturverzeichnis =====
 
===== Literaturverzeichnis =====

Version vom 30. April 2024, 21:59 Uhr

Ergänzung zum Leitfaden: 3.2 Brücken

Beschreibung

Die Firma Echterhoff hat angesichts des enormen Erhaltungsbedarfs im Brückenbereich eine Konstruktion konzipiert, die in Verbindung mit einem zugehörigen Herstellungsverfahren unter Verwendung von Stahlbeton-Fertigteilen zu deutlichen Bauzeitverkürzungen und damit einhergehend einer Minimierung von Verkehrsbeeinträchtigungen führt. Die unter dem Namen „Expressbrücke Echterhoff“ bekannte Systembauweise hat sich das Bauunternehmen dazu patentieren lassen.

Die Funktionsweise basiert auf einem modularen System, in dem die Widerlager vor Ort auf der Baustelle lediglich aus im Fertigteilwerk qualitativ hochwertig angefertigten Betonbauteilen zusammengesetzt und für eine monolithische Verbundwirkung mit Ortbeton ergänzt werden. Das kastenartige Widerlager setzt sich aus drei Bauteilen zusammen. Für eine gleichmäßige Lasteintragung in den Untergrund bildet eine Sohlplatte aus Ortbeton die Basis. Die zum Abtrag der Lasten aus dem Überbau erforderliche Widerlagerwand wird zwischen als verlorene Schalung dienende Fertigteilelemente vor Ort bewehrt und betoniert. Seitlich daran anschließend befinden sich Flügelwände, die ebenfalls aus Betonfertigteilen bestehen und durch Anschlussbewehrung mit dem Ortbetonkern der Widerlagerwand und der Sohlplatte verbunden werden. Die einzelnen Flügelwandelemente werden dabei durch mit Ortbeton gefüllte Aussparungen, sogenannte Plomben, untereinander angeschlossen. Im Zuge des hohen Vorfertigungsgrades können bis zu 80 % der anfallenden Betonarbeiten, insbesondere aufwendige Schalungsarbeiten, von der Baustelle verlagert und bereits im Vorhinein erledigt werden. Die reine Montagedauer am Brückenbauwerk nimmt dadurch erheblich ab und eine Verkehrssperrung ist nicht nötig. Das System lässt sich sowohl mit Flach- als auch mit Tiefgründung kombinieren und ist an unterschiedlichste geometrische Randbedingungen flexibel anpassbar.

Ein weiterer Bestandteil der Expressbrücke Echterhoff ist der modulare Brückenüberbau. Dieser besteht zumeist aus Stahlbetonträgern als Halbfertigteile mit anschließender Bewehrungs- und Ortbetonergänzung, oder kann bei Bedarf auch vollständig in Nebenlage hergestellt werden, sodass eine Streckensperrung lediglich für das Einfahren in die Endlage und das Absetzen auf den Auflagerungspunkten am Kopf der Widerlagerwände notwendig ist [Reddemann, 2021].

Ressourceneinsparpotenziale

Die Schnellbauweise hat einen geringen Eingriff in den Verkehr zur Folge, womit unmittelbar eine Einsparung von CO2-Emissionen einhergeht. Durch die Vorfertigung im Fertigteilwerk haben die Betonbauteile eine hohe Qualität, sodass die Dauerhaftigkeit ebenfalls zunimmt.

Anwendbarkeitskriterien

Durch den Schnellbaucharakter und die massive Ausführung der Widerlager lohnt sich diese Bauweise vor allem für Ersatzneubauten von Straßenbrücken über viel befahrene Straßen im kommunalen Netz. Die Ausführung ist sowohl für Einfeldträger als auch für Rahmenbauwerke mit einer Schiefwinkligkeit von 50 bis 150 gon möglich. Typische Spannweiten kommunaler Brücken von bis zu 38 m sind mit dem System möglich [Reddemann, 2021].

Literaturverzeichnis