Flüssigboden nach RAL-GZ 507: Unterschied zwischen den Versionen

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Es ist zwischen zwei verschiedenen Varianten von Widerlagern aus bewehrten Erdkörpern hinsichtlich der verwendeten Bewehrung zu unterscheiden. Eine Ausführung mit Geokunststoffgittern (Kunststoffbewehrte Erde, KBE) wird mit dem Beispiel der „[[HEITKAMP Schnellbaubrücke®]]“ vorgestellt. Die Brückenwiderlager „[[Stahlbewehrte Erde - Brückenwiderlager|Stahlbewehrte Erde]]“ werden hingegen mit verzinkten Stahlbändern bewehrt.
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Flüssigboden gemäß der Gütesicherung RAL-GZ 507 zählt zu den zeitweise fließfähigen, selbstverdichtenden Verfüllbaustoffen (ZFSV) und beschreibt ein definiertes Baustoffgemisch bestehend aus mineralischen Stoffen und Bodenmaterialien (z. B. natürliche und aufbereitete Gesteinskörnungen oder Recyclingmaterialien ohne resthydraulische Eigenschaften) sowie aus Zusatzstoffen und Wasser. Er ist das Ergebnis des Flüssigboden-Verfahrens und weist charakteristische Eigenschaften auf. Sämtliche Bestandteile sind umweltökologisch unbedenklich und chemische und bautechnisch relevante Eigenschaften (z. B. Volumen) des Ausgangsmateriales bleiben auch nach Verfestigung unter gleichbleibenden äußeren Bedingungen konstant. Das Gemisch ist im flüssigen Verarbeitungszustand selbst verdichtend und bildet während der Rückverfestigung keinerlei fremde, physikalisch starre Bindemittelstrukturen. In Bezug auf seine Eigenschaften, kann der Flüssigboden gezielt über seine Rezeptur verändert werden und die Herstellung kann für verschiedene Konsistenzen (fließfähig bis plastisch) erfolgen. Weiterhin zeichnet sich der Boden nach Verfestigung durch eine gute Lösbarkeit aus.<ref>RAL-GZ 507 Flüssigboden (2014), RAL deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung e. V., Beuth-Verlag, Berlin.</ref> Die Qualität des Flüssigbodens wird über die spezielle Gütesicherung RAL-GZ 507 der RAL Gütegemeinschaft Flüssigboden e. V. gewährleistet. Daneben besteht mit der Bundesqualitätsgemeinschaft Flüssigboden e. V. (BQF) eine weitere Institution, die durch Informationen und Schulungen von Herstellern und ausführenden Unternehmen den innovativen Baustoff Flüssigboden fördert und dessen Qualität sichert.<ref name=":0">https://www.bqf-fluessigboden.de/ Bundesqualitätsgemeinschaft Flüssigboden e. V., Abruf: 20.02.2024</ref>
  
Beiden Varianten gemein ist der Ersatz einer massiven Betonkonstruktion in den Widerlagern durch einen geschichteten Erdkörper, der lediglich mit der jeweiligen Bewehrung durchzogen ist. Diese dient dazu, die Horizontalkräfte über Reibung bzw. Verzahnung aufzunehmen. Die Geogitter (KBE) werden in jeder Lage flächenhaft verlegt, an den Außenkanten umgeschlagen und somit im Erdkörper selbst zurückverankert. Die Vorsatzschale wird somit nicht an die Bewehrung angeschlossen. Bei der Ausführung von stahlbewehrten Erdkörpern als Brückenwiderlager werden die linear verlaufenden Stahlbänder dagegen punktuell an die sogenannten Facing-Elemente der Vorsatzschale angeschlossen, die den äußeren Abschluss der Konstruktion bilden. In beiden Fällen dienen diese dem Schutz vor mechanischen oder Umwelteinflüssen und können auf verschiedene Weise ausgeführt werden. Möglich sind beispielsweise Beton-Fertigteile oder Gabionen. Die so entstehenden Widerlager können sehr zügig und ohne Beeinträchtigung des Verkehrs auf der zu überführenden Straße mit einem geringen Einsatz von Baumaschinen erstellt werden.<ref name=":0">Balder, T., Girmscheid, M., Lehmann, F., & Hangen, H. (2021). Die HEITKAMP Schnellbaubrücke®: KBE für innovative Brückenwiderlager im Pilotprojekt der Bundesautobahn A 3 Stokkumer Straße. Beton‐und Stahlbetonbau, 116, 66-72.</ref>
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Zu den Vorteilen des Flüssigboden-Verfahrens zählt die leichte Verarbeitbarkeit durch die Eigenschaft der hohlraumfreien Selbstverdichtung. Dies hat zur Folge, dass schmalere Gräben möglich sind und damit der Bodenaushub verringert wird. Die Qualität der Ummantelung der Kanalrohre steigt, sodass spätere Setzungen und Schäden an Leitungen und Fahrbahnen minimiert werden. Auf Verdichtungsgeräte kann verzichtet werden, sodass Personalressourcen geschont und erschütterungsbedingte Schäden an angrenzenden Bauwerken sowie Staub-, Lärm- und Schadstoffemissionen vermieden werden. Darüber hinaus können die Baumaßnahmen deutlich schneller durchgeführt werden.<ref name=":0" /> Dazu ist ein späterer erneuter Aus- und Wiedereinbau problemlos möglich. Als positives Beispiel dient die [[Flüssigboden als Verfüllmaterial von Rohrleitungsgräben|Stadt Göttingen]], wo seit dem Jahr 2007 sämtliche Rohrleitungsgräben ausschließlich mit Flüssigboden verfüllt werden. Die Erfahrungen sind hier durchweg positiv.<ref>Fiedler, M. (2023) ''Flüssigboden in Göttingen.'' Straßen- und Tiefbau, H. 3/2023, S. 42-43.</ref> In [[Bodenmanagement KASSELWASSER|Kassel]] und im [[Bodenaufbereitungsanlage GWM Sand|Kreis Unna]] wird das Verfahren ebenfalls systematisch angewendet.
 
 
Bei dieser Bauweise kann der Brückenüberbau bei Bedarf vollständig in Nebenlage hergestellt werden, sodass eine Streckensperrung der überführten Straße lediglich für das Einheben des Überbaus notwendig ist. Die Lasten aus dem Überbau werden über einen Stahlbeton-Auflagerbalken in den Erdkörper abgeleitet. Dieser kann konstruktionsbedingt nicht direkt an der Vorderkante der bewehrten Erdkörper platziert werden und muss daher nach hinten versetzt werden. Aus diesem Grund geht mit Bewehrte-Erde-Konstruktionen für Brückenwiderlager eine größere Spannweite und ein erhöhter Platzbedarf einher.
 
 
 
Bei der Bauweise der Widerlager-Konstruktionen aus bewehrten Erdkörpern ist die Setzung stets zu beobachten.<ref>Görtz, S., & Pham, T. K. D. (2024). CO2‐Berechnungen von Brücken mit Bauwerkslängen bis 40 m. Bautechnik.</ref> Für die Herstellung ist in Deutschland derzeit noch eine Zustimmung im Einzelfall (ZiE) erforderlich.<ref name=":0" />
 
  
 
===== Ressourceneinsparpotenziale =====
 
===== Ressourceneinsparpotenziale =====
Die Schnellbauweise hat einen geringen Eingriff in den Verkehr zur Folge, womit unmittelbar eine Einsparung von CO<sub>2</sub>-Emissionen einhergeht. Außerdem kann auf einen erheblichen Anteil an Stahlbeton verzichtet werden und die Bauweise erfordert einen verminderten Einsatz von Baumaschinen. Dies führt ebenfalls zu CO<sub>2</sub>-, Rohstoff und Energieeinsparungen. Die vollständige Rückbaubarkeit und Wiederverwendbarkeit der Materialien ist ein weiterer Vorteil.<ref name=":0" />
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Speziell im beengten innerstädtischen Bereich bietet sich der Einsatz des Flüssigboden-Verfahrens im Zuge der Erhaltung der kommunalen [[Kanalisation (Glossar)|Kanalisation]] an. In wirtschaftlicher Hinsicht können Zeit und Kosten gespart werden. Schnelle Baumaßnahmen führen weiterhin ebenfalls zu einer geringen Beeinträchtigung der Umwelt und bieten damit auch aus ökologischer Sicht Vorteile. Die hohe Qualität der Verdichtung lässt außerdem auf eine hohe Dauerhaftigkeit der mit dem Flüssigboden-Verfahren sanierten Kanalrohre schließen. Als weiteren Effekt können Transporte minimiert werden und auf diese Weise CO<sub>2</sub>-Emissionen vermieden werden. Das größte Ressourceneinsparpotenzial besteht jedoch darin, dass im Sinne der Kreislaufwirtschaft in der Region gewonnene Böden oder Recycling Baustoffe zum Einsatz kommen und somit einerseits natürliche Ressourcen (z. B. Sand, Kies) geschont werden, andererseits Deponieressourcen nicht in Anspruch genommen werden müssen.<ref name=":0" />
  
 
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Aktuelle Version vom 9. September 2024, 14:32 Uhr

Ergänzung zum Leitfaden: 3.3 Kanalisation

Beschreibung

Flüssigboden gemäß der Gütesicherung RAL-GZ 507 zählt zu den zeitweise fließfähigen, selbstverdichtenden Verfüllbaustoffen (ZFSV) und beschreibt ein definiertes Baustoffgemisch bestehend aus mineralischen Stoffen und Bodenmaterialien (z. B. natürliche und aufbereitete Gesteinskörnungen oder Recyclingmaterialien ohne resthydraulische Eigenschaften) sowie aus Zusatzstoffen und Wasser. Er ist das Ergebnis des Flüssigboden-Verfahrens und weist charakteristische Eigenschaften auf. Sämtliche Bestandteile sind umweltökologisch unbedenklich und chemische und bautechnisch relevante Eigenschaften (z. B. Volumen) des Ausgangsmateriales bleiben auch nach Verfestigung unter gleichbleibenden äußeren Bedingungen konstant. Das Gemisch ist im flüssigen Verarbeitungszustand selbst verdichtend und bildet während der Rückverfestigung keinerlei fremde, physikalisch starre Bindemittelstrukturen. In Bezug auf seine Eigenschaften, kann der Flüssigboden gezielt über seine Rezeptur verändert werden und die Herstellung kann für verschiedene Konsistenzen (fließfähig bis plastisch) erfolgen. Weiterhin zeichnet sich der Boden nach Verfestigung durch eine gute Lösbarkeit aus.[1] Die Qualität des Flüssigbodens wird über die spezielle Gütesicherung RAL-GZ 507 der RAL Gütegemeinschaft Flüssigboden e. V. gewährleistet. Daneben besteht mit der Bundesqualitätsgemeinschaft Flüssigboden e. V. (BQF) eine weitere Institution, die durch Informationen und Schulungen von Herstellern und ausführenden Unternehmen den innovativen Baustoff Flüssigboden fördert und dessen Qualität sichert.[2]

Zu den Vorteilen des Flüssigboden-Verfahrens zählt die leichte Verarbeitbarkeit durch die Eigenschaft der hohlraumfreien Selbstverdichtung. Dies hat zur Folge, dass schmalere Gräben möglich sind und damit der Bodenaushub verringert wird. Die Qualität der Ummantelung der Kanalrohre steigt, sodass spätere Setzungen und Schäden an Leitungen und Fahrbahnen minimiert werden. Auf Verdichtungsgeräte kann verzichtet werden, sodass Personalressourcen geschont und erschütterungsbedingte Schäden an angrenzenden Bauwerken sowie Staub-, Lärm- und Schadstoffemissionen vermieden werden. Darüber hinaus können die Baumaßnahmen deutlich schneller durchgeführt werden.[2] Dazu ist ein späterer erneuter Aus- und Wiedereinbau problemlos möglich. Als positives Beispiel dient die Stadt Göttingen, wo seit dem Jahr 2007 sämtliche Rohrleitungsgräben ausschließlich mit Flüssigboden verfüllt werden. Die Erfahrungen sind hier durchweg positiv.[3] In Kassel und im Kreis Unna wird das Verfahren ebenfalls systematisch angewendet.

Ressourceneinsparpotenziale

Speziell im beengten innerstädtischen Bereich bietet sich der Einsatz des Flüssigboden-Verfahrens im Zuge der Erhaltung der kommunalen Kanalisation an. In wirtschaftlicher Hinsicht können Zeit und Kosten gespart werden. Schnelle Baumaßnahmen führen weiterhin ebenfalls zu einer geringen Beeinträchtigung der Umwelt und bieten damit auch aus ökologischer Sicht Vorteile. Die hohe Qualität der Verdichtung lässt außerdem auf eine hohe Dauerhaftigkeit der mit dem Flüssigboden-Verfahren sanierten Kanalrohre schließen. Als weiteren Effekt können Transporte minimiert werden und auf diese Weise CO2-Emissionen vermieden werden. Das größte Ressourceneinsparpotenzial besteht jedoch darin, dass im Sinne der Kreislaufwirtschaft in der Region gewonnene Böden oder Recycling Baustoffe zum Einsatz kommen und somit einerseits natürliche Ressourcen (z. B. Sand, Kies) geschont werden, andererseits Deponieressourcen nicht in Anspruch genommen werden müssen.[2]

Literaturverzeichnis
  1. RAL-GZ 507 Flüssigboden (2014), RAL deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung e. V., Beuth-Verlag, Berlin.
  2. 2,0 2,1 2,2 https://www.bqf-fluessigboden.de/ Bundesqualitätsgemeinschaft Flüssigboden e. V., Abruf: 20.02.2024
  3. Fiedler, M. (2023) Flüssigboden in Göttingen. Straßen- und Tiefbau, H. 3/2023, S. 42-43.