Leitfaden → 2 Lager und Stoffströme → 2.1 Anthropogenes Materiallager → 2.1.2 Brücken
Vorherige Kapitel:
Die Brückenformeln sind so konzipiert, dass sie sich grundsätzlich auch auf andere Kommunen übertragen lassen. Voraussetzung zur Anwendung ist stets, dass die jeweiligen Werte der Attribute nach ASB-ING hinterlegt sind. Mit den für den Münsteraner Bestand ermittelten Kennwerten und den Annahmen für die Schätzwerte können näherungsweise die Massen abgeschätzt werden. Dazu kann auch die RekoTi-Toolbox zu Hilfe genommen werden, da die jeweiligen Formeln dort hinterlegt sind. Ein weiterer Vorteil der Trennung von Attributen, Kennwerten und Schätzwerten liegt darin, dass bei genauer Kenntnis der Schätzwerte, diese in die Formeln übernommen werden können, sollten diese von den hier getroffenen Annahmen abweichen. Auf diese Weise wird die Genauigkeit der Abschätzung weiter erhöht.
Die Abschätzung der gesamten Materialien eines Brückenbauwerks erfolgt in zwei Schritten. Zunächst wird für die drei Hauptbauteile Überbau, Unterbau und Gründung in Abhängigkeit der hinterlegten Daten, wenn möglich ein Typenvertreter identifiziert. Je nach Typ werden anschließend die notwendigen Attribute abgefragt und direkt in die mathematischen Formeln eingesetzt. Kann kein Typenvertreter zugeordnet werden, weil beispielsweise ein Sonderfall vorliegt, so kann dieser Brücken-Bestandteil nicht zum hier erfassten anthropogenen Materiallager beitragen. Das gesamte Material, welches in allen kommunalen Brücken verbaut ist, ergibt sich letztendlich durch Summierung der Einzelwerte, getrennt nach den unterschiedlichen Materialien. Dadurch, dass einzelne Massen nicht nur bestimmten Brücken, sondern auch deren Hauptbauteilen zugeordnet werden, ergeben sich bei der späteren Nutzung der Informationen weitere Vorteile. So kann z. B. bei Abbruchmaßnahmen ausgewählter Bauwerke, oder nur von Teilen eines Bauwerks, detaillierter mit freiwerdenden Baustoffmengen geplant werden. Die RekoTi-Toolbox liefert durch die georeferenzierte Verknüpfung mit der Lage des Bauwerkes langfristig weitere Anwendungsmöglichkeiten, die dazu führen, dass Transporte von Rohstoffen innerhalb einer Kommune minimiert werden können.
Aufgrund der eingeschränkten Stichprobe der verfügbaren Münsteraner Brücken, sind die Anwender der Brückenformeln dazu angehalten, alle Kennwerte und Schätzwerte hinsichtlich der Plausibilität zu hinterfragen und ggf. anhand von eigenen kommunalen Bestandsbrücken zu verifizieren, bzw. anzupassen. Insbesondere für die Abschätzung von Massen des Unterbaus wird darauf hingewiesen, dass die hier ermittelten Kennwerte für eine flache Topographie (z. B. Münster) gelten. In bergigen Regionen können sich erhebliche Ungenauigkeiten ergeben, da dort die Höhe der Bauteile der Unterbauten anders mit der lichten Höhe zusammenhängt. Das vorgestellte Abschätzungssystem des anthropogenen Materiallagers der kommunalen Brücken ist grundsätzlich so aufgebaut, dass es erweitert werden kann. D. h. es können beispielsweise weitere Typenvertreter ergänzt werden. Weiterhin können die Stichproben, die den Kennwerten zu Grunde liegen, mit jeder Anwendung erweitert werden, sodass sich die Genauigkeit der arithmetischen Mittelwerte langfristig immer weiter erhöht. Dazu ist es anfangs zweckmäßig, dass die mit den Brückenformeln oder dem RekoTi-Tool abgeschätzten Massen mit den tatsächlich verbauten Massen verglichen werden.
Autor*innen: Frank Heimbecher, Henning Klöckner, Lukas Tammen
Stand: September 2024